Leistungsinventur und Messbasis aufbauen
Ohne belastbare Zahlen bleibt jedes Sponsoring ein Ratespiel. Deshalb beginnt alles mit einer strukturierten Inventur über alle reichweiten- und engagementstarken Flächen: Website, Newsletter, Social, Podcast, Events und Community. Das Ziel ist eine standardisierte, vergleichbare Metrikbasis, die jederzeit belegt werden kann.
Alle monetarisierbaren Assets erfassen
Erstellt eine vollständige Liste eurer Flächen und Formate. Für viele Creator sind das beispielsweise:
- Website/Blog (Artikel, Platzierungen, Sidebar)
- Newsletter (Top-Slot, Mid-Slot, Takeover)
- Social Media (YouTube, Twitch, TikTok, Instagram, X – organisch und ggf. Paid-Amplification)
- Podcast (Pre-, Mid-, Post-Roll, Host-Reads, Interviews)
- Events/Streams (Sponsor-Overlay, Panels, Shout-outs, Giveaways)
- Community (Discord, Forum, exklusive Kanäle)
Kernmetriken standardisieren
Legt pro Asset die gleichen Kernmetriken fest, damit Leistungen vergleichbar sind. Bewährt haben sich:
- Impressions: Sichtkontakte
- Unique Reach: eindeutige Nutzer
- Klicks und CTR
- Verweildauer/Watchtime
- Öffnungs- und Klickraten (Newsletter)
- Teilnehmer bzw. Conversions, also die gewünschte Aktion (z. B. Download, Anmeldung)
Zielgruppenprofil sichern
Je klarer die Zielgruppe, desto höher die Zahlungsbereitschaft. Dokumentiert Demografie, Branchen, Rollen, Regionen sowie die ungefähre Kaufkraft. Ergänzt Top-5-Branchen, Top-Rollen (z. B. Dev, IT-Admin, Creator), Top-Länder und Geräteanteile.
Zeitfenster und Quellen
Definiert zwei Auswertefenster: letzte 90 Tage und die letzten 12 Monate. Dokumentiert die Quellen mit Link oder Screenshot und Zeitstempel. So bleibt alles prüfbar.
Checkliste: Inventur
- Exports ziehen: Google Analytics/Matomo, Newsletter-Tool, Social Insights, Podcast-Host, Eventplattform
- Metriken je Asset tabellarisch erfassen (Sheet mit Spalten: Asset, Zeitraum, Reach, Engagement, Klicks, Conversion)
- Zielgruppen-Daten ergänzen (Top-5 Branchen/Rollen, Länder, Geräteanteile)
- Belege verlinken (Screenshots/CSV-Links) für jede Zahl
Definitionen vereinheitlichen
Reach = eindeutige Nutzer. Impressions = Sichtkontakte. Engagement = Likes/Kommentare/Shares oder Interaktionen im Stream (Chat, Emotes). Conversion = gewünschte Aktion, beispielsweise ein Download, eine Anmeldung oder ein Warenkorb-Event.
Ergebnis der Inventur
Am Ende steht ein freigegebenes Google Sheet namens „Sponsoring-Inventur v1“ mit vollständigen Metriken und Quellenbelegen, das per Link und Zeitstempel überprüfbar ist.
Wert ermitteln: Mindestpreis und marktgerechte Rate-Card
Der faire Preis entsteht zwischen Kostenuntergrenze (Floor) und marktüblichen Benchmarks. Beides gehört sauber berechnet – erst die Kostenbasis, dann der Marktwert, anschließend Werttreiber und Rabattlogik.
Kostenuntergrenze (Floor)
Der Floor stellt sicher, dass kein Deal Verlust macht. Formel:
Floor = (Stunden gesamt × Stundensatz + direkte Kosten) × (1 + Zielmarge)
Beispiel: (6 h × 70 € + 80 €) × 1,2 = 616 €.
Marktpreise per Benchmark anwenden
Setzt Benchmarks auf eure Reichweiten an. Typisch sind CPM (Kosten pro 1000 Impressions), CPC (pro Klick) oder CPL/CPA (pro Lead/Action). Die Werte schwanken je nach Kanal und Zielgruppe. Nutzt konservative, realistische Referenzen.
Beispiele:
- Newsletter: Preis = (Impressions/1000 × CPM) + Produktionspauschale. Beispiel: 12.000 Impressions × 15 €/Tsd = 180 € + 300 € Produktion = 480 €.
- Podcast: 5.000 Downloads × 25 €/Tsd = 125 € + 250 € Produktion = 375 €. Prüft, ob der Floor höher liegt – falls ja, setzt mindestens den Floor an und begründet dies transparent.
Werttreiber berücksichtigen
Neben Reichweite zählen Qualität und Passung. Übliche Zuschläge:
- +20–40% für thematische/branchenbezogene Exklusivität
- +10–20% für besonders spitze Zielgruppe oder hohe Kaufkraft
- -10% Testlauf (einmalig), ohne den Floor zu unterschreiten
Rabatt- und Testlogik
Definiert klar, wann es Rabatte gibt – etwa bei Volumen, Laufzeit oder Early-Payment. Wichtig: Nie unter den Floor gehen. Rabatte sollten mit Gegenleistungen verknüpft sein (längere Laufzeit, zusätzliche Platzierung).
Checkliste: Rate-Card
- Aufwand je Leistung schätzen (Vorbereitung, Produktion, Abstimmung, Reporting) in Stunden
- Stundensatz festlegen (intern/agenturseitig) und direkte Kosten addieren (Design, Tools, Media)
- Benchmarks definieren: Web/Newsletter CPM, Social CPM/CPV, Podcast CPM, Event CPL/CPA
- Formeln anwenden und Einzelpreise je Leistung ableiten
- Preis-Floor dokumentieren und minimale Marge festlegen
- Rabattregeln definieren (z. B. Volume, Laufzeit, Early-Payment) ohne Floor zu reißen
Ergebnis der Preisfindung
Es entsteht die „Rate-Card v1“ mit dokumentiertem Floor je Leistung und Netto-Einzelpreisen. Der Rechenweg wird im verlinkten Kalkulationssheet nachvollziehbar festgehalten.
Paket schnüren: Drei klar abgegrenzte Sponsoring-Pakete
Statt individueller Sonderlösungen lohnt sich die Good–Better–Best-Struktur. Drei Pakete schaffen Orientierung, reduzieren Verhandlungen und erhöhen den durchschnittlichen Warenkorb – bei voller Transparenz.
Beispielpakete
Die folgenden Beispiele sind als Orientierung zu verstehen. Prüft sie gegen eure Rate-Card und Kapazitäten.
- Basis: 1× Sponsored Post (Blog), 1× Newsletter-Platz Top, 2× Social Posts, Logo 4 Wochen
- Plus: Basis + 1× Deep-Dive-Artikel, 1× Webinar-Spot, 2× zusätzliche Social Posts
- Premium: Exklusivität im Monat, 1× Podcast-Integration, 1× Case-Story, Newsletter Takeover
KPIs, Frequenzen, Laufzeit
Für jedes Paket sollten KPIs, Lieferfenster, Freigabeprozess und Korrekturschleifen klar definiert sein (z. B. zwei Runden). Dokumentiert Kapazitätslimits: maximale Sponsoren pro Monat und Slots je Kanal.
Preisabstände und Add-ons
Empfohlene Preisrelation: etwa 1 : 1,6 : 2,3. Add-ons werden separat bepreist, damit der Kern schlank bleibt. Beispiele: Whitepaper-Erstellung, Event-Slot, zusätzliche Podcast-Integration oder Social-Boost.
Beispielpreise netto
Orientierung: Basis 1.200 €, Plus 1.950 €, Premium 2.750 €. Prüft die Werte gegen euren Floor und die Rate-Card-Einzelpreise, justiert bei Bedarf.
Leistungsmatrix und Visualisierung
Legt intern eine detaillierte Leistungsmatrix an und stellt kundenseitig einen übersichtlichen One-Pager bereit: Leistungsumfang, KPIs, Zeitplan, Voraussetzungen.
Ergebnis der Paketierung
Am Ende entsteht die „Paketübersicht v1“ mit drei Paketen inklusive Netto-Preisen, Leistungslisten und Kapazitätsgrenzen, abrufbar als PDF/Link.
Nein sagen können: Entscheidungs- und Absage-Framework
Wer klare Grenzen setzt, schützt Marke und Zeit. Ein objektives Framework hilft, Chancen und Risiken zu gewichten und konsequent zu handeln.
Scorekarte
Vergebt je Lead Punkte: Fit (0–5), Budget (0–5), Timing (0–5), Risiko invertiert (0–5). Berechnet den Gesamtscore:
Gesamtscore = 0,35 × Fit + 0,25 × Budget + 0,15 × Timing + 0,25 × (5 – Risiko)
Beispiel: Fit 4, Budget 3, Timing 4, Risiko 1 → Score = 0,35×4 + 0,25×3 + 0,15×4 + 0,25×(5–1) = 3,8 → Annahme möglich.
Floor- und Konfliktprüfung
Akzeptiert nur, wenn der Preis nicht unter den Floor fällt und keine Exklusivitäts- oder Werte-Konflikte bestehen. Bei Unterschreitung maximal ein Gegenangebot mit reduziertem Umfang, niemals unter Floor.
Standardisierte Absagetexte
Kurz, respektvoll, eindeutig. Beispiel: „Vielen Dank für Ihre Anfrage. Aufgrund eines Exklusivitätskonflikts in Ihrer Kategorie können wir aktuell kein Angebot machen. Gern melden wir uns, sobald wieder Slots frei sind.“
Dokumentation
Erfasst Entscheidung, Score, Begründung und versandte Antwort im CRM oder Sheet („Entscheidungsprotokoll v1“).
Angebot, Verhandlung und Vertragsminimum
Jetzt wird es konkret: Ein kompaktes Angebot fasst Leistungen, KPIs, Zeitplan und Preis zusammen. Verhandlungen laufen entlang definierter Leitplanken. Vertragliche Essentials sichern beide Seiten ab und schaffen Transparenz.
Angebotsaufbau
Struktur:
- Einleitung mit Zielgruppenfit
- Paketübersicht
- Genaue Deliverables
- KPIs (z. B. erwartete Impressions/Klicks)
- Zeitplan
- Preis und Add-ons
- Nächste Schritte
Verhandlungsleitplanken
- Mit Premium-Paket ankern; Alternativen Basis/Plus aufführen
- Maximal zwei Iterationen
- Kein Preis unter Floor
- Zugeständnisse nur über Umfang/Laufzeit und immer messbar machen
Vertragliche Essentials
- Kennzeichnungspflicht (Anzeige/Werbung)
- DSGVO-konforme Datenflüsse
- Markenrichtlinien und Freigaben
- Nutzungsrechte (Content, Laufzeit, Kanäle)
- Korrekturschleifen (z. B. zwei Runden)
- Freigabefristen (z. B. drei Werktage)
- Zahlungsplan (z. B. 50% Anzahlung, 50% nach Go-live)
- Storno-/Verschiebungsregeln
- SLA für Reporting
Reporting-Plan und Erfolgsmessung
Legt vorab fest, welche Kennzahlen im Reporting stehen: Reichweiten, Klicks, CTR, Watchtime, Conversions. Definiert, wann die Reports geliefert werden (z. B. nach 7 und 30 Tagen) und in welchem Format (Dashboard-Link, PDF).
Praxisbeispiele: Rechenwege und Templates
Greifbare Beispiele helfen, Sicherheit zu gewinnen. Nachfolgend fiktive, aber typische Szenarien und Bausteine.
Beispiel 1: Newsletter-Integration
Rahmen: 12.000 Empfänger, Ø Öffnungsrate 38%, Klickrate 4,5%, Top-Slot.
- Impressions (geöffnet): 12.000 × 38% = 4.560
- Klicks: 4.560 × 4,5% ≈ 205
- Preis (Markt): (4.560/1000 × 15 €) + 300 € Produktion ≈ 368 €
- Floor: 5 h × 70 € + 50 € direkte Kosten = 400 €; mit 20% Marge = 480 €
- Ansatz: Mindestens 480 €, begründet über Floor; optional +10–20% bei spitzer Zielgruppe
Beispiel 2: Podcast Mid-Roll
Rahmen: 5.000 Downloads pro Episode, Host-Read, 60 Sekunden.
- Markt: 5.000 × 25 €/Tsd = 125 € + 250 € Produktion = 375 €
- Floor: 4 h × 70 € + 80 € = 360 €; mit 15% Marge ≈ 414 €
- Ansatz: 420–480 €; Exklusivität +20% möglich
Beispiel 3: Twitch-Stream-Sponsoring
Rahmen: 3 Streams/Monat, durchschnittlich 350 gleichzeitige Zuschauer, 2 Stunden pro Stream, Overlays + Callout.
- Impressions grob: 350 × 120 Minuten × 3 Streams ≈ 126.000 Minuten Watchtime; konservativ 20.000 Unique Viewers/Monat
- CPM-Ansatz Social: 8–15 €. Konservativ 10 € → 20.000/1000 × 10 € = 200 €
- Produktionspauschale: 200–300 €
- Floor: 8 h × 70 € + 120 € = 680 €; mit 20% Marge ≈ 816 €
- Ansatz: Paketieren (z. B. 3er-Bundle) zu 900–1.100 €; bei Markenfit +10–20%
Checklisten kompakt
Inventur
- Assets auflisten, 90 Tage und 12 Monate auswerten
- Metriken vereinheitlichen (Reach, Impressions, Klicks, Conversion)
- Zielgruppenprofil ergänzen und belegen
- Quellen verlinken mit Zeitstempel
Rate-Card
- Floor kalkulieren und dokumentieren
- Benchmarks definieren und anwenden
- Werttreiber einpreisen
- Rabattregeln ohne Floor-Bruch
Pakete
- Good–Better–Best mit klaren KPIs
- Preisabstände ~1 : 1,6 : 2,3
- Add-ons separat bepreisen
- Kapazitätsgrenzen festhalten
Entscheidung
- Scorekarte anwenden und Schwelle festlegen (z. B. ≥ 3,5)
- Floor- und Konfliktprüfung
- Ein Gegenangebot maximal, nie unter Floor
- Absagevorlage nutzen, Entscheidung protokollieren
Angebot & Vertrag
- 1–2 Seiten Angebot mit KPIs, Zeitplan, Preis
- Verhandlungsregeln: Anker, maximal zwei Runden
- Kennzeichnung, Rechte, DSGVO, Zahlung, Storno
- Reporting-Frequenz und KPIs fixieren
Beispielhafte Leistungsmatrix
Eine kompakte Matrix hilft intern, Leistungen schnell zuzuordnen und zu bepreisen.
| Leistung | KPIs | Lieferfenster | Korrekturen | Floor (netto) | Listenpreis (netto) |
|---|---|---|---|---|---|
| Sponsored Post (Blog) | 2.500–4.000 Impressions, 1,5–3% CTR | 14 Tage | 2 Runden | 420 € | 600 € |
| Newsletter Top-Slot | 3.500–5.500 Opens, 3–5% CTR | Nächste Ausgabe | 1 Runde | 380 € | 550 € |
| 2× Social Posts (IG/Twitter) | 10.000–20.000 Impressions gesamt | 7 Tage | 1 Runde | 260 € | 400 € |
| Podcast Mid-Roll (60s) | 4.000–6.000 Downloads | Nächste Episode | 1 Runde | 414 € | 480 € |
| Stream Overlay + Callout | 15.000–25.000 Unique Impressions/Monat | 30 Tage | 1 Runde | 816 € | 990 € |
So setzt du alles zusammen
Zum Abschluss werden die Bausteine in einem klaren Prozess verbunden. Die folgende Reihenfolge sorgt für Tempo und Qualität:
- Inventur durchführen und „Sponsoring-Inventur v1“ freigeben
- Floor kalkulieren, Benchmarks anwenden, „Rate-Card v1“ erstellen
- Drei Pakete definieren, „Paketübersicht v1“ veröffentlichen
- Scorekarte und Absagevorlagen als „Entscheidungs-Scorekarte v1“ bereitstellen
- Angebots-PDF (1–2 Seiten) inklusive KPIs, Timeline, Preis, Add-ons
- Reporting-Plan fixieren und Template verlinken
Ergebnis
Erstellt und verlinkt: Inventar-Sheet, Rate-Card, Paketübersicht, Entscheidungs-Scorekarte mit Absagevorlagen sowie Angebots-PDF – alles prüfbar und sofort einsetzbar. So wird das erste Sponsoring professionell, fair bepreist und messbar erfolgreich.
FAQs
Wie oft sollte die Rate-Card aktualisiert werden?
Empfehlenswert ist ein Quartalsrhythmus oder nach deutlichen Reichweitenänderungen, neuen Formaten oder relevanten Marktverschiebungen.
Was tun, wenn ein potenzieller Sponsor den Floor nicht akzeptiert?
Ein einziges Gegenangebot mit reduziertem Umfang anbieten, niemals unter Floor gehen und die Entscheidung dokumentieren.
Welche KPIs sind für Sponsoren am wichtigsten?
Je nach Ziel: Reichweite und CTR für Awareness/Traffic, Conversions für Performance. Wichtig ist Konsistenz und Nachprüfbarkeit.
Wie gehe ich mit Exklusivitätswünschen um?
Exklusivität klar definieren (Kategorie, Zeitraum, Kanäle) und fair bepreisen (+20–40%). Konflikte immer transparent prüfen und dokumentieren.
Wie viele Sponsoren pro Monat sind sinnvoll?
Das hängt von Kapazitäten und Zielgruppe ab. Wichtig sind klare Limits, um Qualität, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit zu sichern.